Purer Luxus
"Das ist purer Luxus!" Fast beiläufig sagt das mein siebenjähriger Sohn Linus beim Mittagessen. Wir sind auf einer Vater-Kind-Freizeit. Organsiert vom Evangelischen Jugendwerk. Mit anderen Vätern und ihren Kindern sitzen wir in einem großen Speisesaal. Fast fünfzig Leute. Na ja, denke ich. Was meint Linus? Das ist doch kein Luxusmenü. Ein einfaches Essen, Nudeln mit Tomatensauce. Und wir schlafen hier mit einer anderen Familie in einem Zimmer. Zweckmäßig eingerichtet. Im Freizeitheim außerhalb von Frankfurt. Kein Luxusurlaub. Purer Luxus? Wie kommt mein Sohn darauf?
Luxus muss nicht protzig sein
Luxus, so sagt der Duden, ist ein kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen übersteigender Aufwand. Mehr als nötig. Nur zum Vergnügen da. Prachtvoll. Dicke Autos, Uhren, Häuser zum Beispiel. Besitz eben, den ich verschämt oder ganz ohne Schamgefühl anderen zeigen kann. Um mich von der Masse abzuheben.
Gut ist, was Planet und Mensch fördert
Doch was Luxus bedeutet, das ändert sich gerade in unserer Gesellschaft. Viele Menschen der jungen Generation bestimmen gerade neu, was Luxus ist. Es geht ihnen nicht mehr um persönlichen Mehrwert. Sie orientieren sich mehr an Normen und Werten, mit denen sie einen positiven Wandel vorantreiben können. Mit Vorteilen für den Planeten und die Menschen.
Luxus neu gedacht Teil 1
Drei Dinge sind ihnen besonders wichtig. Zum einen: Teilen statt Besitzen. Mir fällt auf: Das machen wir auf der Vater-Kind-Freizeit ein ganzes Wochenende lang. Wir teilen unsere Zeit miteinander. Und wir genießen beim Wandern und Spielen, was die Natur uns bietet. Ohne sie zu besitzen.
Luxus neu gedacht Teil 2
Ein zweiter Gedanke: Heutzutage verstehen es junge Leute als Luxus, sich mit inspirierenden Persönlichkeiten zu verbinden und Netzwerke zu erweitern. Dadurch ließe sich Luxus nicht konsumieren, sondern erleben. Genau das passiert bei unserer Freizeit: Wir lernen nette Leute kennen und tauschen Kontaktdaten. Wir erleben Gemeinschaft.
Luxus neu gedacht Teil 3
Und zum dritten: Luxus heißt, Körper, Seele und Geist sollen im Einklang miteinander sein. Ja, so eine Auszeit vom Alltag tut gut. Ich spüre das besonders beim Gottesdienst an unserem letzten Tag auf der Freizeit. Den bereiten alle zusammen vor. Kinder und Väter hören Geschichten aus der Bibel und singen und beten gemeinsam. Da schwingen Körper, Seele und Geist zusammen.
Wertvoll, und das für lange
Wenn ich länger darüber nachdenke, verstehe ich: Mein Sohn hat Recht gehabt. Diese Vater-Kind-Freizeit war purer Luxus. Vielleicht hat er ja all das gemeint, was viele junge Menschen heute unter Luxus verstehen: Teilen. Gemeinschaft. Körper, Seele, Geist in Einklang bringen. Das haben wir an diesem Wochenende. Vielleicht gelingt es uns, mehr davon in unseren Alltag zu bringen. Solch ein Luxus ist nicht teuer. Doch unendlich wertvoll.
Pfarrer Rüdiger Kohl