01.08.2022

ANgeDACHT: August 2022

Beziehungen

Jede/r von uns hat eine Geschichte, wie er/ sie zum Glauben, in die Gemeinde und ins EJW gekommen ist. Für mich war dafür die Konfi-Zeit ausschlaggebend. Davor hatte ich bis auf den alljährlichen Weihnachtsgottesdienst und eine Jungschar nicht so viel mit Gott zu tun. Dadurch, dass mein älterer Bruder vor mir konfirmiert worden und dann in die Kinder- und Jugendarbeit eingestiegen war, hatte ich bereits in meiner Konfi-Zeit viel mit den anderen jungen Ehrenamtlichen zu tun. Und für sie war ich immer „die kleine Schwester vom Flo“. Die Tatsache an sich war nichts Neues für mich, aber die Bezeichnung hatte trotzdem etwas mit mir gemacht. Mit dieser simplen Bezeichnung hatten sie zuvor als Fremde eine Verbindung zu mir geschaffen.

Von da an war ich immer übermäßig viel mit von der Partie, kam oft schon zum Aufbau von Treffen und half gerne beim Abbau und Aufräumen. Mit diesen Menschen habe ich gerne meine Zeit verbracht - irgendwie waren es ja auch die großen Coolen, zu denen ich aufgeschaut habe. Eine Mitarbeiterin hatte es mir besonders angetan. Sie war mein großes Vorbild und ich wollte eine Zeit lang genauso sein wie sie. Weil sie und die anderen Jugendmitarbeitenden mich so begeistert hatten, wollte ich auch unbedingt Mitarbeiterin in der Gemeinde werden. Zu diesen Menschen hatte ich eine Beziehung.

 

Eine Beziehung haben - Was heißt das eigentlich? Und zu wem?

Schaut man sich das Wort genauer an, fällt auf, dass es mit dem Präfix ‚be-‘ beginnt. Ein Präfix verändert ein Wort in seiner Grundbedeutung. Ich kann einen Gegenstand be-rühren oder jemanden be-merken, aber auch eine Briefmarke be-feuchten. Gemeinsam haben all diese Beispiele einen wesentlichen Punkt: Es geht nicht allein, sondern braucht immer ein Gegenstück, z.B. jemanden zum Betrachten. Eine Beziehung zu haben, heißt also, nicht allein sein zu können, sondern einen Gegenüber zu haben.

Bei dem Wort denken wir meistens direkt an eine romantische Beziehung mit einem/r Partner/in, was natürlich eine Beziehung ist, aber wir haben noch viel mehr, z.B. zu Familienmitgliedern, Freund/innen, Klassenkamerad/innen und Kolleg/innen. Es müssen nicht zwangsweise gute Beziehungen sein, aber es sind welche. Außerdem können Beziehungen stärker und schwächer sein und sie können in Sekunden entstehen. Genauso schnell können sie aber auch wieder vergehen, wenn sie nicht gepflegt werden.

 

Beziehungen pflegen

Mit Beziehungen ist es Im Grunde wie mit einem Blumenbeet, das man anlegt: Es reicht nicht aus, anzufangen. Wie ein Beet nach dem Anlegen muss auch eine neu geschlossene Beziehung gepflegt werden. Es können Zeiten kommen, die die Pflege erschweren - eines Beetes wie auch der von Beziehungen. Das haben wir in den letzten zwei Jahren gesehen: Beziehungen auf Distanz waren alles andere als einfach. Aber der Vergleich kann auch Hoffnung schenken. Wenn ein Beet vernachlässigt und mit Unkraut überwuchert wurde, muss das nicht das Ende des Beetes bedeuten. Genauso können wir Beziehungen wieder wachsen lassen, wenn wir das wollen. Beziehungen zu knüpfen ist relativ leicht und kann schnell gehen, pflegen aber kostet: Zeit, Kraft, Taten und Willen.

 

Hoffnung in mutlosen Zeiten

In den letzten zwei Jahren hatte ich ein bisschen Angst vor der Zeit, in der wir wieder zurück in die Normalität kommen. Sind wir dann vielleicht zu träge, uns aufzuraffen und Beziehungen wieder aufzunehmen? War es nicht viel gemütlicher, Gottesdienste vom Bett aus anzuschauen? Wollen wir wirklich unsere freie Zeit in der Gemeinde verbringen, wo es doch so viele Serien zu schauen gibt?

Jetzt sind wir wieder in einer Art „Normalität“ und irgendwie war die Angst berechtigt. Beziehungen wieder aufzunehmen, ist nicht immer leicht: Anfragen für Mitarbeit bleiben oft unbeantwortet, manche Gesichter sind von der Bildfläche verschwunden, Anwärter/innen sind nicht so gut im MiGrA angekommen wie sonst und auch bei mir selbst merke ich, dass ich mir manchmal echt einen Ruck geben muss.

Aber mit allem, was ich aktuell in der Gemeinde erlebe, merke ich, wie sehr mir das alles gefehlt hat: Die Beziehung zu all den wunderbaren Menschen in der christlichen Gemeinschaft, aber auch zu Gott. Obwohl ich eigentlich doch so viel Zeit hatte, ist meine Beziehung zu Gott schwächer geworden. Doch auch hier gilt: So muss es nicht bleiben! Denn Gott hat die Beziehung nicht abgebrochen oder vernachlässigt. Mut schenkt mir dabei bei eigener Konfi-Vers, der mich noch immer begleitet: In Jesaja 43,1 spricht Gott: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Ich brauche keine Angst zu haben. Gott gibt mir die Zusage, dass ich sein bin. So stark ist seine Beziehung zu mir - zu uns allen.

Lasst uns jetzt mutig sein, aufstehen und wieder aufeinander zugehen. Lasst uns uns an all die Beziehungen zu wunderbaren Menschen erinnern und daran, was wir mit ihnen erlebt haben, damit wir nicht vergessen, wie wertvoll und wichtig Beziehungen für die christliche Gemeinschaft und unseren Glauben sind. Lasst uns Beziehung neu stärken, wenn uns in den letzten Monaten vielleicht die Kraft gefehlt hat - Beziehungen zu Menschen und auch zu Gott.

Nina Zorbach

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