11.11.2022

Was sorgt dafür, dass aus einer Gruppe Jugendlicher eine Gemeinschaft wird? Was muss passieren, dass aus fremden Menschen Ansprechpartner, Vertrauenspersonen und perfekte Teamer werden? Was ist passiert, dass wir sagen können, es war die beste Erfahrung und was, damit mir beim Abschied die Tränen kommen?

79 Teilnehmende in Haus Heliand. Es war mein letzter Kurs, um meine Ausbildung zur Jugendleiterin zu beenden. In diesem Kurs trafen zwei Kurse aufeinander und somit auch neue Gesichter zu unserem Kurs aus Chabeuil dazu. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich Angst vor der Vermischung von denen, die ich noch nicht kannte und jenen, mit denen ich bereits so viel teilen durfte. Wie wird das sein? Werden wir überhaupt noch richtig Spaß haben können so nach Chabeuil? Wird es sich nicht anfühlen, wie eine viel zu kurze Kopie?

In diesem Kurs war als Priorität Kindeswohl und unsere Zukunft im EJW gesetzt. Drei Mal hatten wir sogenannte A-Z Gruppen. Die HP (Heliand Pfadfinder) und die HMP (Heliand Pfadfinderinnen) hatten ihre eigenen Gruppen. Wir aus der HM (Heliand Mitarbeitende) konnten uns am Anfang der Woche aussuchen, wo wir unsere Zukunft im EJW sehen und über welchen Bereich wir mehr erfahren wollen. So gab es die Gruppe Freizeiten, Jungschar und Konfiunterricht. Diese Gruppen haben innerhalb der Woche in Haus Heliand drei Mal entweder am Vormittag oder am Nachmittag stattgefunden. In der Freizeitengruppe haben wir unseren eigenen Wochenplan für eine Gruppe von 8 bis Zwölfjährige zusammengebastelt. Über jeden Programmpunkt wurde diskutiert und wir haben gelernt, was man beispielsweise bei einer Nachtwanderung in dieser Altersgruppe zu den Sicherheitsmaßnahmen zusätzlich beachten muss. Wir haben die Erfahrung machen dürfen, dass jedes Programm seine Vor- und Nachteile mit sich bringt und man ein gut harmonierendes Team braucht mit unterschiedlichen Erfahrungen, um eine Freizeit erfolgreich und sicher planen zu können. In unserer letzten Gruppenstunde haben wir über Probleme gesprochen, die bei einer Freizeit auftreten können und ein Grundkonzept aufgebaut, wie man am besten mit den einzelnen Problemen umgehen sollte.

An unserem ersten Abend haben wir einen Crashkurs in Rhetorik bekommen. Wie spricht man Kinder so an, dass sie Dir gerne zuhören? Wie bringt man aus einer Geschichte nur die wichtigsten Informationen rüber und wie erzähle ich sie spannend und dem Alter entsprechend? In Kleingruppen haben wir einige eher bekannte Geschichten einstudiert und auf den verschiedensten Arten vorgetragen. Da gab es Geschichten ausschließlich in einem Dialog erzählt, sie wurden uns in Theaterstücken näher gebracht oder mitten in der Erzählung mit den entsprechenden Geräuschen hinterlegt. Ich glaube, auf das Geschichtenerzählen mit Spaß und vielen aufmerksamen Zuhörern sind wir nun alle bestens vorbereitet.

Nach dem Beenden unserer Juleica Ausbildung werden wir bei dem Herbsttreffen zu Mitarbeiter*innen berufen. Bevor wir berufen werden, müssen wir einen Verspruch unterschreiben, in dem wir versichern, dass wir mit den Kindern verantwortungsvoll umgehen, ihre persönlichen Grenzen respektieren, im Unrecht eingreifen und vieles mehr. Um zu wissen was wir da eigentlich versprechen, haben wir uns an einem Nachmittag damit beschäftigt, was Grenzverletzungen sind und was wir bei solchen Übergriffen durch andere Kinder oder Teamer zu tun hätten. Zum richtigen Agieren in solchen Situationen, gibt es vom EJW einen Notfallplan inklusive Telefonnummern der richtigen Ansprechpartner.

Ich weiß nicht, woran das liegt, aber irgendwie war wie letztes Mal schon, wieder der letzte Abend der Schönste. Wir haben in Gruppen einen Gottesdienst vorbereitet. Je nachdem, was man in unserem Gottesdienst gestalten wollte, konnte man sich in eine Gruppe eintragen. Einige Gruppen hatten keinen Teil in unserer typischen Abendandacht in der Jurte. Sie haben einen Raum im Haus gestaltet und dort zu bestimmten Themen Dekorationen, Anregungen und stille Diskussionen bereitgestellt.

Eine Gruppe hat den Ablauf der Gottesfeier geplant, organisiert und später während der Gottesfeier angeleitet. Eine andere Gruppe war für die Predigt zuständig, in der die Themen der verschiedenen Räume nochmals aufgegriffen wurden. Es war eine Möglichkeit, nochmal Abschied zu nehmen.

Ja, ich hatte immer im Hinterkopf, dass wir auf das Ende unserer Ausbildungsreise schauen. Mir wurde aber auch bewusst, es war auch ein Anfang von etwas Neuem. Auch wenn es mir jedes Mal wieder schwer fällt, das, was wir erlebt haben in Worte zu fassen, bin ich sehr dankbar dass ich diesen Text schreiben durfte. Ich weiß, die Gemeinschaft, die ich vom ersten Kurs an über den zweiten Kurs in Chabeuil und jetzt auch wieder in diesem Kurs erleben durfte, wird mich immer berühren. Ich werde immer dankbar sein, Teil dieser Gemeinschaft gewesen zu sein und für mich werden diese Menschen immer unglaublich wichtig sein.

Ich bin dankbar, dass wir in unserem ersten Kurs so viel in immer wieder neu gemischten Gruppen gemacht haben und dadurch schon einen Großteil der Teilnehmer kannten. Dass wir die unterschiedlichsten Aktionen und Abendprogramme hatten und unglaublich viel Spaß.

Ich bin dankbar, dass wir in Chabeuil eine so unglaublich schöne Zeit hatten, dass ich sie nicht in Worte fassen kann. Dass wir einander angenommen haben, so wie wir sind und mit den Erfahrungen und Päckchen auf dem Rücken, die wir eben haben. Dass wir uns auf eine ganz andere Art und Weise kennenlernen durften und ich von jedem Einzelnen neue Dinge gelernt habe.

Ich bin dankbar für jeden Einzelnen, der seine Geschichte erzählt hat und für Jeden, dem ich meine Geschichte erzählen durfte. Ich bin so unglaublich dankbar für jeden Teamer, der Teil dieses Organisationsteams war und für uns so viele neue Erlebnisse und so eine Gemeinschaft geschenkt hat. Dass sie uns bei jeder Abendandacht eine Geschichte von ihnen erzählt haben und immer für uns da waren. Sie wurden zu Vertrauenspersonen und haben uns am letzten Abend zusammen weinen gesehen.

Ich bin dankbar, dass ich in der Zwischenzeit mit so vielen aus Chabeuil Kontakt halten konnte, dass sie mir geholfen haben, wenn ich mal was nicht alleine geschafft habe und ich einige auch am Sommerfest wiedersehen durfte.

Auch für den letzten Kurs bin ich dankbar, egal wie viele Bedenken ich zu Beginn hatte. Alleine schon, dass ich endlich alle zusammen wiedersehen konnte. Ich bin im Nachhinein extremst dankbar, dass auch neue Gesichter zu unserem Kurs dazugestoßen sind. Dafür, dass sie sofort dazugehört haben und gespannt waren, auf das was noch kommt. Wir konnten trotzdem auch in unseren alten Gruppen Zeit verbringen aber überwiegend war das von uns gar nicht gewollt. Ich bin dankbar, dass sich mit der Hilfe der Teamer bei fast jedem die Frage über die Zukunft im EJW geklärt hat und uns viel Platz für Wiedersehen gegeben wird.

Besonders für den letzten Abend bin ich dankbar. Dafür, dass ich mich in meinem Teil der Predigt bei allen bedanken durfte und wir den Abend gemeinsam verbracht haben, dafür dass ich weiß, ich möchte auch weiterhin den Kontakt erhalten und alle wiedersehen und auch dafür, dass bei der Abendandacht auch eine Teamerin von der Reise nach Chabeuil dabei war.

Ich bin besonders dankbar, dass mir die Teamer gezeigt haben, in einer Gemeinschaft kann man sich zu Hause fühlen und man ist nie allein, dass mir die Pfadfinder gezeigt haben, dass man immer da helfen muss, wo man gebraucht wird und es egal ist, wie alt man ist oder was man erlebt hat, in einer Gruppe hat jeder einen Platz und auch, dass sie mir an die hundert Mal versucht haben zu erklären, wie es bei ihnen abläuft. Dass die anderen Teilnehmer mir gezeigt haben, man muss unvoreingenommen auf neue Dinge zugehen und man wird auch auf Positives stoßen.

Doch das Wichtigste, was mir einige Teilnehmer gezeigt haben: Man kann Entscheidungen treffen und die können falsch sein. Man kann Fehler machen und trotzdem nicht in der Lage sein sofort daraus zu lernen. Man kann hinfallen und beim Versuch aufzustehen wieder ausrutschen. Aber das worauf es ankommt ist - Hilfe anzunehmen ist kein: „Ich gebe die Aufgabe ab.“ Hilfe anzunehmen ist ein: „Ich lege dir eine Matte hin, damit der Sturz dich nicht kaputt macht.“

Vielen Dank an alle, die Teil dieser drei Kurse waren und an alle, die es für uns organisiert haben. Ich hoffe, dass alle die noch nach Chabeuil fahren auch Momente erleben, die sie begeistern und alle Jugendlichen im EJW auch noch die Erfahrungen der Juleicakurse erleben werden. Ich hoffe, dass wir uns immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht an die Zeit erinnern können und wir uns auch in Zukunft im EJW sehen.

~ Kathi

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